Lesung „M“ am 27.06.2024 am Cusanus Gymnasium, St. Wendel

Gemeinsam mit der Lektorin und Schauspielerin Julia Prochnov war M an einem sonnigen Donnerstagmorgen im Juni des letzten Schuljahres zu Gast am Cusanus Gymnasium in St. Wendel.

Eine Neuner- und eine Zehnerklasse sowie interessierte Kolleginnen und Kollegen waren voller Bewunderung für das private Engagement des Autors gegen Rechtsradikalismus.

Angesichts der Wahlerfolge der rechten und partiell rechtsradikalen Parteien bei der Europawahl und den Kommunalwahlen auch hier bei uns im St. Wendeler Land war es mir als stellvertretender Schulleiter wichtig und eine Herzensangelegenheit zugleich, mit dieser Lesung ein Zeichen und einen Kontrapunkt zu setzen gegen diese personifizierte Unmenschlichkeit, die heutzutage im arroganten Biedermann-Antlitz und Biederfrauen-Antlitz in Armani-Anzügen und -kleidern daherkommt. – Und nicht mehr wie in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts mit Springerstiefeln und kahl geschorenen Köpfen.

M hat im Kontext seiner fiktiven Romanreihe „Die Rheinische Familien-Saga“ mit den Schülerinnen und Schülern über seine Erfahrungen und Erlebnisse mit dem Nationalsozialismus diskutiert. Auch eine Vertreterin des in St. Wendel ansässigen Adolf-Bender-Zentrums und unser Landrat Udo Recktenwald waren meiner Einladung gefolgt und lauschten konzentriert und interessiert den Ausführungen des Autors.

Und gerade die Präsenz unseres Landrates unterstreicht einerseits die Prominenz dieser Thematik im politisch-kulturellen Umfeld unseres Landkreises – engagiert sich doch der Landkreis St. Wendel seit vielen Jahren in der Erinnerungskultur –, andererseits aber ebenso das ganz persönliche Interesse und Engagement unseres Landrates Udo Recktenwald.

Insbesondere sind unserem Landrat die Schulen als Kooperationspartner wichtig, um an die Gräueltaten der NS-Zeit in unserer Region zu erinnern und unmittelbare Betroffenheit zu erzeugen, damit so etwas wie unter Adolf Hitler nie wieder passiert, und um gerade die jüngeren Generationen für diese furchtbaren Verbrechen zu sensibilisieren.

Die so erzeugte Betroffenheit, die bei jungen Menschen im Allgemeinen – und gerade auch im Auditorium am Cusanus Gymnasium – bleibende Spuren hinterlassen hat und immer wieder hinterlässt, kann im besten Sinne zum Motor für die eigene aktive Partizipation für unsere Demokratie werden.

Da Zeitzeugen aus dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte aus Altersgründen kaum noch in persona über das fast Unaussprechliche sprechen können, sind Menschen wie M von immer größerer Wichtigkeit, weil sie durch ihr charismatisches Auftreten diese Zeit wieder lebendig werden lassen und den Rattenfängern auf den Straßen und in den Stadthallen Einhalt gebieten.

Die Tatsache, dass der Autor unter dem Pseudonym M seine Publikationen bisher veröffentlichen muss, verdeutlicht die Gefahr, in die sich Menschen wie er begeben, wenn sie jene Verbrechen gegen die Menschlichkeit so ostentativ breiteren Bevölkerungsschichten zukommen lassen.

Und trotzdem – oder gerade deshalb – ist dieses Engagement so wertvoll, weil es ein Engagement gegen das Vergessen ist. Und so wie die verlegten Stolpersteine, das Buch „Die Nazis aus der Nähe“, die vor kurzem errichtete Stele vor der evangelischen Stadtkirche oder das Erinnern an unsere Synagoge hier in St. Wendel eine permanente Erinnerung daran sein sollen, was in Hitlerdeutschland geschehen ist, so sollen auch die Lesungen von M zu einer festen Größe an unserer Schule werden, damit der Autor sein Wissen an junge Menschen weitergeben kann und so der leider wieder aufkommende Nationalismus und Rechtsextremismus hoffentlich als das erkannt werden möge, was sie wirklich sind: unmenschliche, destruktive und krude Ideologien, die keineswegs zusammenführen, sondern spalten, separieren und zerstören.

 

Holger Büch, stellvertr. Schulleiter am Cusanus Gymnasium St. Wendel