Vom 30.11.2018 bis zum 02.12.2018 fand an der Europäischen Akademie Otzenhausen das RYLA- Seminar statt. Rotary Youth Leadership Awards (RYLA) ist ein Programm für Jugendliche und junge Erwachsene, gefördert durch Rotary, auf denen eine Vielzahl von Themen zur persönlichen Weiterentwicklung angeboten werden. Die RYLA Teilnehmer wurden aus dem Rotary Distikt 1860 eingeladen.

Thema an diesem Wochenende war „Unsere Demokratie – Gegenwart und Zukunft“. Mit über 20 Teilnehmern wurde die Frage, welche Rolle Digitalisierung, Populismus und Fake News für ein demokratisches Europa spielen, genauer betrachtet. Vom Cusanus Gymnasium waren Franziska Böhnlein, David Schweig und Jonas Wengel beim Seminar dabei.

Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten sowie westliche Demokratien generell stehen derzeit vor besonderen Herausforderungen. Ein Grund hierfür ist das Zusammentreffen der Phänomene „Digitalisierung“ und „Populismus“, die sich u.a. in Desinformationskampagnen, Propaganda, Fake News sowie zunehmend aggressiven Internetwahlkämpfen und -Auseinandersetzungen wiederspiegeln. Populistische Bewegungen setzen in ihren Argumentationen sehr stark auf Emotionen und „gefühlte Wahrheiten“ und nutzen hierfür besonders stark das Internet und soziale Medien.

Es wird vermehrt von postfaktischen Gesellschaften gesprochen, ohne jedoch genauer abzugrenzen, was man unter diesem Begriff versteht. Was nachvollziehbar ist, ist eine immer stärkere Fragmentierung der Gesellschaft: Menschen leben in ihren Filterblasen, konsumieren bestimmte „Medien“ und nehmen hauptsächlich solche Nachrichten wahr, die ihre eigenen Ansichten unterstützen bzw. bestätigen. Dies geschieht insbesondere im Internet und den sozialen Netzwerken, wo Algorithmen unsere Nachrichten filtern und präsentieren, aber auch im reellen Leben. Kognitive Dissonanz wird hierdurch vermieden, was eine große Hürde für die kontroverse eigene Meinungsbildung darstellt. Argumentative Debatten und die Auseinandersetzung mit anderen Ansichten und Gedankenprozessen finden kaum noch statt und eine partizipative Demokratie leidet hierunter.

Sowohl auf politischer als auch auf gesellschaftlicher Ebene werden diese Themen ausdauernd diskutiert. Diese Omnipräsenz ist es aber auch, die Gefahren im Umgang mit den brisanten und gleichzeitig so vielschichtigen Fragestellungen des Themenkomplexes bergen.. Das Risiko der Abstumpfung, des Überdrusses und eines „nicht das Thema schon wieder“ ist hoch. Man glaubt, schon alles gehört zu haben, man weiß schon alles. Hierbei besteht die Gefahr, dass nur ein bruchstückhaftes Wissen und viele verallgemeinernde Parolen bei den Menschen hängen bleiben. Denn häufig werden Personen, die Falschmeldungen und Propaganda Glauben schenken, selbst diffamiert und als nicht intelligent genug abgestempelt, solche Meldungen selbst zu erkennen und einzuordnen. Dabei sind Fake News, Propaganda, Verschwörungstheorien etc. inzwischen so geschickt verpackt und im Gedanken echter Nachrichten geschrieben, dass eine Unterscheidung oftmals schwerfällt.

Diese Thematik wurde während des Ryla-Seminars mit uns behandelt. Gerade junge Erwachsene setzen sich vor allem im formalen Bildungskontext immer wieder mit dem Themenkomplex Nachrichten, Medien und Politik auseinander. Sie sind dessen oft überdrüssig, haben das Thema aber

meist nur bruchstückhaft sowie in sehr formalisierter Weise bearbeitet, z.B. im schulischen Politikunterricht.

Daher wurden auf dem Ryla Seminar neue Ansätze bei der Behandlung der Thematik gesucht. Es wurde der Schritt weg von der ausschließlichen Vermittlung von Fakten und Zahlen, hin zum einem Bezug zur Lebensrealität gemacht. In diesem Zusammenhang fanden auch Perspektivenwechsel statt und so konnten Fakten vor dem Hintergrund der eigenen und fremden Erfahrung besser eingeordnet werden. Gleichzeitig fand auch eine Wissensaneignung über die Hintergründe, Fakten und Komplexität der Themen statt, da es verschiedene Arbeitsphasen gab.

Oft wurden die Teilthemen zuerst in kleinen Gruppen intensiv recherchiert, anschließend vorgestellt und dann in der großen Gruppe ausgiebig diskutiert. Ziel der Seminarleitung war es, weg von einem schwarz-weiß Diskurs zu kommen, um uns zu einer differenzierten Betrachtung sowie dem Erkennen und Hinterfragen der stereotypisierten und verallgemeinernden Betrachtungen zu befähigen. Dies ermöglichte uns, als Multiplikatoren eines reflektierten und argumentativen gesellschaftlichen Diskurses zu agieren.

„Ich bin über alle Erwartungen begeistert! Die Themen sind sehr aktuell und wir haben sie häufig im offenen Diskurs erörtert und von allen Seiten beleuchtet. Dafür haben wir uns regelmäßig in Kleingruppen zusammengetan und Präsentationen füreinander vorbereitet. So war es bereits sehr schnell normal, vor der Gruppe zu reden. Wir waren eine recht homogene Gruppe, was die Themen, Toleranz, Flüchtlingspolitik und Populismus angingen. Interessant war daher, wie lange man manchmal trotz gemeinsamer Ansichten brauchen kann, um zu einem Konsens zu kommen. Die Betreuer haben das gute Gruppenklima ebenfalls weiter bestärkt.

Aus dem Seminar nehme ich viele neue wertvolle Informationen mit, um die Zukunft Europas eines Tages mitzugestalten. Denn weder Populismus noch Fake News dürfen die Menschen weiterhin lenken.“ – David Schweig

„Auch ich bin begeistert von dem Seminar und kann ähnliche oder künftige Veranstaltungen jedem wärmstens empfehlen! Gerade in unserer heutigen gesellschaftlichen und politischen weltweiten Situation ist es wichtiger denn je, dass gerade unsere Generation einen offenen und multiperspektivischen Diskurs über wichtige Themen wie die des Seminars führt. Persönlich ist mir noch einmal besonders aufgefallen, wie wichtig es ist, Themen intensiv zu behandeln, da man sehr leicht in Filterblasen gerät und Meinungen oftmals überschnell gebildet werden. Auch ich nehme viele wertvolle Erfahrungen und Informationen aus dem Seminar mit und sehe es auch in unserer Verantwortung, für ein demokratisches Europa einzustehen.“ – Jonas Wengel